Blut & Barolo by Carsten Sebastian Henn

Blut & Barolo by Carsten Sebastian Henn

Autor:Carsten Sebastian Henn [Henn, Carsten Sebastian]
Die sprache: de
Format: mobi
ISBN: 9783471920022
Herausgeber: List Hardcover
veröffentlicht: 2009-08-01T22:00:00+00:00


Die beiden Lagotto-Mischlinge hatten den schwarzen Wagen gefunden – und genau gegenüber einen grünen Müllcontainer, zwischen dessen Rollen sie genug Platz hatten. Er gehörte zu einem Friseursalon, in dem zwei alte Männer auf ebenso alten Holzstühlen saßen und unterschiedliche Teile einer Tuttosport-Ausgabe lasen. Die Rollläden und Gitter der anderen Geschäfte waren noch heruntergelassen. Es war ruhig auf der Via Giolitti, auch vor dem prachtvollen Bau mit den beiden Fahnen tat sich nicht viel. Eine Gruppe Kinder war am Morgen kreischend hineingelaufen. Herausgekommen waren sie nicht mehr.

Ab und an fuhr eine Straßenbahn vorbei.

Und die Vögel zwitscherten. Daisy wusste natürlich, dass die gefiederten Schreihälse sich nur paaren wollten, doch hübsch klang es trotzdem. Vor allem war es eine Abwechslung zu Donalds beständigem Schweigen.

In diesem Moment brach er es jedoch.

»Und wenn die Sonnenbrille gar nicht kommt?« »Sie kommt. Ganz sicher.«

Daisy war dankbar für das nun im Friseursalon beginnende Gespräch der beiden Männer. Sie verstand zwar kein Wort, doch die Stimmen waren angenehm dunkel und rauchig. Sie redeten im alten piemontesischen Dialekt, der fast schon wie eine eigene Sprache klang. Der jüngere der Männer hielt nun eine Ausgabe der La Stampa und schlug mit einer Hand demonstrativ auf die Titelseite.

»Schon wieder jemand vom Wolf gerissen. In Turin! Gibt’s doch nicht, oder?«

»Neeneenee«, antwortete der andere, den Blick nicht von der Sportzeitung wendend.

»Zuerst Padre Filippo im Glockenturm und jetzt dieser, wie heißt er, Anatoly Rogers, ein Amerikaner. Ist im Parco Naturale di Stupinigi gefunden worden. Da, wo man das Sindone entdeckt hat, bevor der Hund damit abgehauen ist. Der Rogers ist ebenfalls mit zerfetztem Hals aufgefunden worden. Langsam mach ich mir Sorgen. Ob das nur ein einzelner Wolf ist oder ein ganzes Rudel?«

»Auf jeden Fall.« Wieder kein Blick hoch.

»Zumindest hat es diesmal den Richtigen getroffen. Dieser Rogers war wohl ein großer Kritiker des Sindone, glaubte, es sei nicht echt.«

»Ach.«

»Ja, kannst du mir glauben, steht hier. Wollte mit der Radiokarbonmethode beweisen, dass es erst zwischen 1260 und 1390 hergestellt wurde.«

»Radiokarbonmethode, soso.«

»Na ja, die haben damals bei der ersten Bestimmung an der falschen Stelle Material entnommen, das war von dem Brand kontaminiert.« Er hielt die La Stampa nun wie einen Taktstock.

»Mhm.«

»Aber sie schreiben hier auch, dass das Sindone echt ist. Wissenschaftler haben Pollen von Pflanzen darin nachgewiesen, die typisch für die Blütezeit um Ostern im Raum Jerusalem sind. Um Ostern! Sie fanden auch viele Pollen einer Distel, aus der wohl die Dornenkrone bestand.«

»Aha.«

»Ja, und außerdem ist das Leinen in einer seltenen zickzackförmigen Webart hergestellt worden, unter Stofffunden aus der Festung Massada aus dem Jahr 73 wurde eine vergleichbare Naht und Webkante gefunden. Also ich brauch keine weiteren Beweise.«

»Ich auch nicht.«

»Aber ich hab dir doch noch gar nicht von den Folterspuren erzählt!«

»Nein?«

»Nein. Die Figur auf dem Sindone, also Jesus, denn der ist es ja, zeigt Folterspuren, die erst durch die jüngere Forschung als typisch für die Zeit vor 2000 Jahren belegt worden sind. Die Nägel zur Kreuzigung befanden sich nicht – wie in mittelalterlichen Darstellungen – in der Mitte des Handrückens, sondern waren, wie in römischer Zeit üblich, durch die Handgelenke getrieben.



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